Französische Kammermusik im Oytener Bürgersaal
Manchmal läuft es nicht so wie geplant. Der Oboist des Duos Monasterium Max Vogler musste absagen und kurzfristig sprang für ihn der französische Oboist Augustin Gorisse ein. Und so bescherten Pianist Viktor Soos und Oboist Augustin Gorisse spontan als „Duo Spontanum“ einen Konzertabend mit komplett geändertem Programm und entführten das Publikum in die Klangwelt Frankreichs.
Der Pianist Viktor Soos erhielt zahlreiche Preise bei nationalen und internationalen Wettbewerben, zuletzt wurde er 2021 Preisträger des Internationalen Robert-Schumann-Wettbewerbs in Zwickau und Stipendiat des Deutschen Musikwettbewerbs.
Der in der Nähe von Toulouse geborene Augustin Gorisse studierte am Conservatoire National Supérieur de Musique et de Danse in Paris. Beim Deutschen Musikwettbewerb 2021 hat Gorisse als einziger Oboist das Finale erreicht und wurde mit einem Stipendium ausgezeichnet.
Mit launiger und informativer Moderation begleiteten die beiden das Publikum durch den französischen Abend.
Den Beginn machte die Oboensonate von Camille Saint-Saëns, die dieser 85-jährig in seinem letzten Lebensjahr komponierte. Im ersten Satz bezauberte das Duo mit wunderbar vorgetragenen gesanglichen Melodien; der Mittelteil mit seiner stürmischen Intensität war beeindruckend. In den freien Passagen des zweiten Satzes entführte der Oboist in träumerische Sphären, bevor der Zuhörer im virtuosen dritten Satz Molto Allegro in die Realität zurückgeholt wurde.
Viktor Soos gestaltete anschließend 3 Preludes von Claude Debussy. Die Klänge und Düfte schwirren in der Abendluft, Schritte im Schnee, das Mädchen mit den flachsblonden Haaren – so die die übersetzten Titel der Preludes – das konnte der Zuhörer dank der feinst differenzierten Anschlagskunst des Pianisten hautnah erleben.
Als Kontrast zur impressionistischen Poesie folgte Francis Poulencs Sonate für Oboe und Klavier, die Sergei Prokofjew gewidmet ist. Entstanden im Jahre 1962 ist sie eins der letzten Stücke, die Poulenc vollendete. Den ersten Satz „Elégie“ gestaltete das Duo ungeheuer spannend, die kontrastreiche Darstellung schwankend zwischen melodiös, leise und brutal mit plötzlichen Pausen fesselte das Publikum. Das virtuose Scherzo entführte in die Klangwelt Prokofjews und war mit viel Witz und Temperament vorgetragen. Der sehr ruhige dritte Satz „Déploration“ war innig empfunden und betörte durch schwebende, sehr leise Töne.
Die 1947 entstandene Oboensonate von Henri Dutilleux ist eins seiner frühen Werke, die als Examensarbeit für das Pariser Konservatorium entstanden ist. Dutilleux steht in der Tradition der Komponisten Debussy, Ravel und Roussel, hat jedoch seine eigenwillige Tonsprache gefunden. In allen drei Sätzen dieser Sonate ist Kontrapunktik und kanonische Imitation zwischen Klavier und Oboe ein zentrales Element, welches von den beiden Künstlern sehr schön herausgearbeitet war.
Viktor Soos brachte anschließend aus Ravels Miroirs das Stück „Une barque sur l’océan“ zu Gehör. In diesem sehr technisch sehr anspruchsvollen Stück erklingen weiträumige Arpeggien, über denen Klänge und Melodien in subtilen Rhythmen schweben. Die Wind und Wellen ausgesetzte Barke und der nicht immer freundlich gesinnte Ozean war für die Zuhörer nachdrücklich erlebbar.
Die unglaubliche Virtuosität des Oboisten Augustin Gorisse erlebte das Publikum in der 1997 entstandenen Etüde „Hotel des Roches noires a Trouville“ von Gilles Silvestrini. Inspiriert ist dieses Stück vom gleichnamigen Gemälde Claude Monets.
Zum Abschluss des Abends erklang Ravels 1905 entstandene Sonatine, eigentlich für Klavier solo, hier jedoch in einer sehr schönen Fassung für Oboe und Klavier von David Walter. Das inspirierte Musizieren des Duos machten die herrlichen Melodien und den Klangfarbenreichtum der Sonatine zum Ohrenschmaus.
Für den verdienten, reichlichen Applaus bedankte sich das Duo „Spontanum“ mit dem einzigen nicht französichem Stück des Abends. Es erklang Astor Piazollas 1984 für einen Film komponierter Tango Oblivion.
Christian Melz